28. Februar 2013

Man kann es doch kaufen! Es ist doch nicht verboten! (Glosse up for grabs)


Die beiden Sätze „Man kann es doch kaufen!“ und „Es ist doch nicht verboten!“ gehören zu den dümmsten Aussagen, die ich mir vorstellen kann. Denn eine gewisse menschliche Ethik und ein gutes Verständnis von Legalität, haben noch nicht einmal im entferntesten Sinne etwas mit käuflichen Angeboten zu tun.

Nehmen wir einmal Gosen: Die größte Attraktion (Achtung das ist jetzt hart!) ist der Müggelpark. Die Berliner kennen Gosen, wenn überhaupt, nur weil sie hier mal einkaufen waren. Man parkt sein Auto, merkt sich bei welchem Buchstaben vom M-Ü-G-G-E-L-P-A-R-K man steht, holt sich einen Einkaufswagen und begibt sich durch die Drehtür, um dann direkt hinter dem Eingang von folgendem Geschäft im wunderschönen Gosen willkommen geheißen zu werden: einem Waffenladen!
Große Gewehre, Revolver und Pistolen, Walther-Schusswaffen und kleine und große Pfeffersprays (Ist doch nicht verboten!) werden hier angeboten. Nachdem man sich also mit Pfeffersprays eingedeckt hat, um diese bei nächstmöglicher Gelegenheit einzusetzen - schließlich schwebt man in Deutschland ständig, immer und überall in Lebensgefahr (oder man hat zu viele Krimis gesehen), geht man danach in das Dänische Bettenlager, um sich dort Gartenmöbel aus Teakholz zu kaufen und damit nicht nur zur Abholzung der Regenwälder beizutragen, sondern auch den blutigen Bürgerkrieg in Burma zu bezahlen, der größtenteils das dafür benötigte Geld durch Teak-Exporte an die EU einbringt.
Danach geht es zu Praktiker, der als einer der wenigen großen Baumärkte noch, Gott sei dank, Blumenerde mit Torf im Angebot hat. Denn schließlich wollen wir mit dem Konsum von Torf dafür sorgen, dass die Moore abgebaut werden, die unwichtigerweise zu den größten CO2-Speichern und damit zu den wichtigsten Klimaschützern gehören.
Bei Thomas Philipps werden noch schnell Kohlebriketts eingesackt und das obwohl Holz, als nachwachsender Rohstoff, eine Alternative darstellt. Schließlich gibt es doch Kohlebriketts zu kaufen! Außerdem sind sie gerade im Angebot! Wo liegt also das Problem? Oder fördert man etwa mit dem Konsum von Kohle die folgenden Dinge: Umsiedelung von Dörfern, die Zerstörung von ökologisch und kulturell wertvollen Gebieten, die Absenkung des Grundwasserspiegels und damit verbundene Zerstörung der Flora. Der Flächenverbrauch und die nach der Stilllegung auftretenden Probleme mit erhöhtem Grundwasserspiegel für die Anwohner. Ach ja, und das nur noch nebenbei: Brandenburg produziert, durch den Braunkohleabbau pro Kopf, mehr an schädlichen Treibhausgasen, als die USA – und die sind bekanntlich weltweit die größten Klimasünder. Man kann es doch kaufen!
Im „LA STRADA – Leather Fashion“ kaufen wir uns Klamotten aus Leder und sind traurig darüber, dass es hier keine politisch unkorrekten Pelzmäntel gibt...
Danach geht es zu ,-real. Schließlich brauchen wir noch Streusalz für unsere Einfahrt. Wir schaffen es danach leider nicht nachzuvollziehen, warum selbst große und alte Straßenbäume langsam absterben. Das hat doch nichts mit dem Streusalz zu tun, das bekanntermaßen den Bäumen und Tieren schadet. Oder doch?
Vogelfutter brauchen wir auch noch, schließlich wollen wir uns nicht nachsagen lassen, dass wir keine Schuld tragen, an der Verbreitung von der Pflanzenart Ambrosia, die Allergien und Asthma von uns selbst und unseren Nachbarn fördert und in fast allen Vogelfuttersorten in Samenform vorkommt. Die Alternative unsere leblose Thujahecke mit einer einheimischen Vogelschutzhecke zu ersetzen, welche im Winter Beeren als Futter für die Vögel und im Sommer Nistmöglichkeiten bietet, ziehen wir nicht in Betracht.
Dann kaufen wir uns auch noch einen Laubsauger, denn schließlich sind Laubsauger Technik und Technik ist gut! Die damit verbundene Umweltverschmutzung und Lärmverursachung muss man nicht überbewerten.
Habe ich noch etwas vergessen? Pferdefleisch in Tiefkühllasagne?

Bevor Sie also mal wieder den Satz sagen oder hören „Das kann man doch kaufen!“ oder „Das ist doch nicht verboten!“, empfehle ich Ihnen den folgenden Ablauf:

  1. Hinterfragen
  2. Informieren
  3. Falls nötig: Boykottieren

Ich kaufe mir deswegen meine Lottoscheine nur noch in Läden, in denen keine Waffen im Schaufenster prangen.

Glosse up for what?

Und hier ein Werbevideo, welches vom Tabak- und Waffenladen "PW TOBACCO" aus dem Müggelpark, benutzt wird:

13. Februar 2013

Naturschutzbeirat kritisiert Windkrafterlass


Windkraftanlage im Landkreis Oder-Spree
(Foto: Anja Grabs)

BEESKOW - Der Naturschutzbeirat des Landkreises Oder-Spree kritisiert die Regelungen, von Umweltministerin Frau Tack, für die Planung und Zulassung von Windkraftenergieanlagen in Brandenburg.

Der sogenannte TAK-Erlass („TAK“ für tierökologische Abstandskriterien) macht Vorgaben zu Schutzabständen für Nist- und Horstplätze ausgewählter, schlag- und störungsempfindlicher Vogelarten und bestimmter Fledermausarten. In Brandenburg wichtige Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzmilan, Ziegenmelker und Wiedehopf bleiben jedoch Außen vor. Das ist unerklärlich, zumal in anderen Bundesländern diese Arten berücksichtigt werden. Es wird nicht erklärt, welche Schutzmaßnahmen vom Land Brandenburg eigentlich gewollt werden.

Künftig sollen Windkraftanlagen auch in Wäldern eingesetzt werden. Sie werden noch größer als die uns bekannten Anlagen sein, da ihre Rotorblätter den Wind weit über den Baumwipfeln ernten werden. Über die Auswirkungen auf das Ökosystem Wald ist bisher nur wenig bekannt.* Als sicher gilt jedoch, dass Waldstandorte für Fledermäuse ein besonders hohes Schlagrisiko bergen. Die erforderliche Erschließung durch Wege und der Betrieb werden zu einer dauerhaften Beunruhigung von Waldbereichen führen.
Der Erlass für Brandenburg gibt weder Vorgaben für die Windräder im Wald, noch gibt sie im Interesse des Vogelzuges erforderliche  Mindestabstände zwischen den Windparks selbst an. Es fehlt an Vorgaben für die gemeindliche Bauleitplanung und Zulassungsvoraussetzungen in Restriktionsbereichen.

Für Fledermäuse wurden kurzerhand zwei unterschiedliche Gebiete erfunden: Das eine „Gebiet mit einer besonderen Bedeutung für den Fledermausschutz“ (in dem zum Beispiel Überwinterungsquartiere bekannt sind) und den „Landschaftsraum mit durchschnittlichem Fledermausvorkommen“. Es gibt allerdings keine Landschaftsräume mit „durchschnittlichem“ Fledermausvorkommen, da Fledermäuse nicht nur zwischen Sommer- und Winterquartieren teilweise Hunderte Kilometer weit wandern, sondern auch in Gebieten auf die Jagd gehen, die nicht in unmittelbarer Umgebung von ihrem Quartier liegen müssen. Gebiete festzulegen, die für Fledermäuse keine Rolle spielen, ist demnach nicht möglich. Insbesondere auch deswegen, weil zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr wenig über das Zugverhalten von Fledermäusen bekannt ist. Klar ist, dass Deutschland ein besonders wichtiges Gebiet für ziehende Fledermäuse darstellt, da diese oft zwischen Skandinavien und Mitteleuropa wandern. Da die meisten Fledermausarten mehr oder weniger stark in ihrem Bestand gefährdet sind und in Deutschland bislang 13 Arten an den Anlagen mit mehreren Hundert Individuen verunglückt sind, kann man generell nicht von einem „Landschaftsraum mit durchschnittlichem Fledermausvorkommen“ sprechen.

Die Natur ist nicht statisch und ändert sich ständig, so dass sich Flug- und Jagdverhalten der Fledermausarten insbesondere nach der Errichtung und Inbetriebnahme von Windrädern ändern werden. So wie seit mehreren Jahren bereits die Verschiebung der Rastplätze von Zugvögeln aufgrund neu gebauter Windkraftanlagen beobachtet wird.

Werden hohe Schlagopferzahlen an aufgestellten Windrädern festgestellt, können diese zeitweise abgeschaltet werden. Die finanziellen Verluste bleiben für den Betreiber überraschend gering, so dass nicht gezögert wird, erst einmal Windräder aufzustellen, selbst wenn man mit zukünftigen Abschaltungen rechnen muss. Diese „Abschaltalgorithmen“ finden allerdings nur in den Sommermonaten statt, obwohl auch im Frühjahr, wenn die Fledermäuse zu ihren Sommerquartieren fliegen, mit Schlagopfern gerechnet werden muss. Obwohl es technisch möglich ist, die Anlagen zu jedem Zeitpunkt, je nach Flugaufkommen, abzuschalten, ist weder davon, noch von einem Gondelmonitoring im Frühjahr die Rede. Beim Gondelmonitoring wird ein Gerät am Windrad angebracht, dass die Geräusche von Fledermäusen aufzeichnet und somit notwendige Abschaltzeiten ermittelt werden können. 

Der Rotmilan ist eine Vogelart, die für ihre hohe Schlagopferzahl an Windrädern bekannt ist. Er wird im Erlass nicht erwähnt. Die Verantwortung für die Bestandserhaltung des Rotmilans ist in Brandenburg besonders groß, da über die Hälfte der weltweit lebenden Brutpaare in Deutschland vorkommen. Wiedehopf, Ziegenmelker und Schwarzmilan werden nicht berücksichtigt. Ein Monitoring ist zwar für Fledermäuse, jedoch nicht für Vogelarten vorgesehen.

Um die Windkraftanlagen zuzulassen, soll das Artenschutzrecht sowie die Schutzgebietsbestimmung eingeschränkt werden, wodurch eine Rechtsunsicherheit entsteht. Denn mit einem ministeriellen Erlass kann das gesetzlich geregelte Artenschutzrecht oder eine Schutzgebietsverordnung nicht eingeschränkt oder ausgehebelt werden.

Sind die maximal möglichen zwei Prozent Landfläche, die für die Windkraftanlagen vorgesehen sind, möglicherweise zu hoch gegriffen? Kann bei Anlagen von 200 Meter Gesamthöhe noch von einem landschaftsverträglichen Maß gesprochen werden? Welche Schutz- und Vorsorgemaßnahmen sind nötig, um die schädlichen Auswirkungen der Windkraft in Grenzen zu halten? Antworten auf diese Fragen bleibt der Erlass schuldig.

Nachdem in den letzten 50 Jahren der Mensch dem Verlust der Arten durch intensive Landwirtschaft und Lebensraumverlust durch die Bodennutzung so sehr beschleunigt hat, wie es noch nie eine Zeitperiode vor ihm geschafft hat, wird durch die Windenergie jetzt der Bereich über dem Boden intensiv in Anspruch genommen, so dass nun noch mehr fliegende Tierarten Probleme bekommen werden, sich in ihrer Art zu erhalten. Wir müssen mit einer Beschleunigung des Artenrückganges durch die Windkraftanlagen rechnen. Windenergie bleibt zwar eine bessere Alternative zur Atomenergie, aber sie kann nur mittelfristig eine Lösung darstellen. So lange bis es erneuerbare Energien gibt, die vollkommen umweltverträglich sind. Solaranlagen auf vorhandenen Hausdächern sind ein Anfang.

*Update im November 2014
Die Deutsche Wildtier Stiftung hat mit einer wissenschaftlichen Arbeit belegt, dass Windkraftanlagen im Wald zu einer Gefahr für bedrohte Tierarten werden. Sie schreibt unter anderem:

"Nach neuen Erkenntnissen wird geschätzt, dass im Durchschnitt an jeder der zurzeit ca. 24.000 in Deutschland betriebenen Windenergieanlagen 10 Fledermäuse pro Jahr getötet werden. ... Der Erhaltungszustand fast aller Fledermausarten ist in Deutschland aber derzeit als ungünstig einzustufen und muss nach den Vorgaben der EU FFH‐Richtlinie verbessert werden. Daher halten die Fledermausexperten Schlagopferzahlen von mehr als einer Fledermaus pro Anlage und Jahr für nicht hinnehmbar." 

Zum Weiterlesen
Windenergie im Lebensraum Wald: aktueller Statusreport und Empfehlungen der Deutschen Wildtier Stiftung

Foto/Text: Anja Grabs