17. November 2014

Die Energiewende braucht eine Wende zugunsten der Natur!



Die Deutsche Wildtier Stiftung stellt in Berlin die wissenschaftliche Studie „Windenergie im Lebensraum Wald“ vor 

Hamburg, 11. November 2014. Heute hat die Deutsche Wildtier Stiftung in Berlin die Studie „Windenergie im Lebensraum Wald“ vorgestellt. Autor ist der renommierte Biologe Dr. Klaus Richarz, der 22 Jahre die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland leitete. Die Studie kommt zu dem Fazit, dass der rasante Ausbau von Windenergieanlagen das Ökosystem Wald – besonders Vögel und Fledermäuse – gefährdet. Die von Dr. Richarz in seiner Studie identifizierten Risikogruppen lesen sich wie das „Who is Who“ der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Der Mangel an geeigneten Flächen für Windkraftanlagen erhöht den Druck auf empfindliche Ökosysteme wie den Wald. „Wildtiere dürfen nicht die Verlierer der Energiewende sein. Die Energiewende braucht eine Wende zugunsten der Natur“, fordert Prof. Fritz Vahrenholt, Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. 

In Deutschland fallen Jahr für Jahr bis zu 240.000 Fledermäuse Windkraftanlagen zum Opfer. Sie können zwar den Rotoren auch im Dunkeln ausweichen, aber im Unterdruck auf der Rückseite der Anlagen platzen ihre Lungen. Experten sprechen vom Barotrauma. „Die meisten heimischen Fledermausarten stehen auf der Roten Liste“, sagt Dr. Klaus Richarz. Besonders sensibel reagieren auch Vogelarten wie der extrem seltene Schreiadler, der Rotmilan und der Schwarzstorch. So halbierte sich beispielsweise der Brutbestand des seltenen Schwarzstorchs am hessischen Vogelsberg nach dem Bau von 125 Windkraftanlagen in einem Zeitraum von nur sechs Jahren. Schwarzstörche sind sehr störempfindlich. Viele Greifvögel hingegen sterben durch Kollisionen mit den Rotorblättern. Diese Tatsachen sind durchaus bekannt: Mit dem „Helgoländer Papier“ liegen Empfehlungen aller 16 staatlichen Vogelschutzwarten zum Schutz von Vogelarten bei Planung und Bau von Windkraftanlagen vor. Die aktuelle Fassung dieses Papiers wird allerdings zurückgehalten – sie wäre ein Hemmnis zum Ausbau der Windenergie. „Ungeachtet all dieser dramatischen Ergebnisse werden Windkraftanlagen sogar in Europäischen Schutzgebieten geplant und gebaut“, kritisiert Fritz Vahrenholt. 

Das Ziel der Bundesregierung, den Rückgang von Biodiversität bis zum Jahr 2020 aufzuhalten, gerät durch einen gedankenlosen Ausbau der Windenergie in ernste Gefahr. Die Öffnung des Waldes als Standort für Windenergieanlagen führt zur Gefährdung seltener Arten. „Buchenwälder müssen zur Tabuzone erklärt werden“, sagt Dr. Klaus Richarz. „Sie sind Hotspots der Biodiversität, für die Deutschland globale Verantwortung trägt.“ 

Enoch Freiherr von und zu Guttenberg, Gründungsmitglied des BUND und Waldbesitzer in Bayern, begrüßt die Initiative der Deutschen Wildtier Stiftung. Baron zu Guttenberg sieht in Windenergieanlagen „Industrieanlagen in deutschen Wäldern“ und fürchtet katastrophale Auswirkungen für das Ökosystem Wald. 

Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert: 

1. Der Ausbau von Windkraftanlagen im Wald muss gestoppt werden. 
2. Regelungen einzelner Bundesländer zum erleichterten Ausbau der Windenergie im Wald ohne ausreichende Rücksicht auf den Naturschutz müssen außer Kraft gesetzt und bereits laufende Genehmigungsverfahren abgebrochen werden. 
3. Eine bundesweit gültige technischen Anleitung („TA Wind“) muss die vollständige Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes bei Planung, Bau und Betrieb von Windkraftanlagen regeln. 
4. Die aktuellen Empfehlungen aus dem „Helgoländer Papier“ müssen sofort in allen Bundesländern umgesetzt werden. 
5. Wissensdefizite dürfen kein Vorwand zur Genehmigung von Windenergieanlagen sein. Es gilt das Vorsorgeprinzip: Im Zweifel für den Natur- und Artenschutz. 

Die Studie können Sie unter www.DeutscheWildtierStiftung.de herunterladen. 
Weitere Informationen zum Thema Energiewende und Naturschutz finden Sie auf der neuen Plattform www.naturwende.de 

14. November 2014

"Das Leiden der Spree": Wanderausstellung zieht nach Beeskow um




von Grüne Oder-Spree

Unter dem Titel „Das Leiden der Spree #Bergbaufolgen“ eröffneten am Donnerstagabend in der Beeskower Stadtbibliothek der Kreisverband von Bündnis 90/ Die Grünen Oder-Spree zusammen mit der Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen – Umwelt schützen e.V.“ eine interaktive Fotoausstellung zu den Auswirkungen des Bergbaus in der Lausitz und Ostbrandenburg. „Wir wollen stärker die Zusammenhänge verdeutlichen. Der Braunkohleabbau in der Lausitz hat auch Auswirkungen auf den Landkreis Oder-Spree, Frankfurt (Oder) und Berlin“, sagte Thomas Fischer, der für die Bündnisgrünen im Kreistag Oder-Spree sitzt, vor den etwa 20 Teilnehmern der Vernissage.

Die energiepolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Brandenburger Landtag, Heide Schinowsky wies darauf hin, dass Brandenburg für die Ausbeutung der Braunkohlelagerstätten einen sehr hohen Preis bezahlt: Die Landschaft werde auf Jahrzehnte verschandelt, riesige Flächen sind wegen Rutschungen gesperrt und der Wasserhaushalt der gesamten Region wird durcheinander gebracht; von den bisher vollkommen unabsehbaren Folgen der Spreeverockerung ganz zu schweigen, so Schinowsky. „Die Kosten für diese Schäden sind kaum abschätzbar. Ohne massive Subventionierung durch die Allgemeinheit wäre der Braunkohleabbau schon längst nicht mehr wettbewerbsfähig. Rund 60 Millionen Euro Einnahmen entgehen dem Landeshaushalt jährlich dadurch, dass aufgrund des Einigungsvertrags keine Förderabgabe gezahlt werden muss und die Landesregierung Vergünstigungen beim Wassernutzungsentgelt gewährt“, kritisiert die Energieexpertin der Bündnisgrünen. Nach Ansicht der Grünen soll der Konzern das Braunkohlegeschäft nicht verkaufen, sondern sozialverträglich abwickeln und für entstandene Schäden aufkommen. In den letzten dreizehn Jahren habe Vattenfall etwa sieben Milliarden Gewinn nach Schweden transferiert, da sollte man jetzt nicht „sang- und klanglos“ das Land verlassen, sagte Schinowsky.

Allein die drei brandenburgischen Tagebaue pumpen jährlich mehr als 200 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Boden. Der größte Teil wird in die Spree eingeleitet, erläutert Thomas Fischer. „Die Verockerung der Spree ist mittlerweile in der Öffentlichkeit bekannt, aber dass direkt vor unserer Haustür die Spree mit dem nicht sichtbaren Sulfat belastet ist, weiß kaum jemand“, sagte der Gewässerökologie Wolfgang Renner aus dem Spreewald. Sulfate an sich sind nicht giftig, führen aber in höheren Konzentrationen zu Durchfallerscheinungen, daher hat der Gesetzgeber einen Grenzwert von 250 mg/l beim Trinkwasser festgelegt. Derzeit liege der Wert für Sulfate bei 170 mg/l mit steigender Tendenz. Die Wasserwerke Briesen, die rund 65.000 Einwohner von Frankfurt (Oder) im Landkreis Oder-Spree mit Wasser versorgen, haben daher unlängst beschlossen, zukünftig nur noch reines Grundwasser für die Trinkwasseraufbereitung nutzen und kein Uferfiltrat aus der Spree mehr, berichtete Renner. 

Neben den Auswirkungen der Braunkohle droht der Region Oder-Spree womöglich weiteres Ungemach. Ute Lein von der Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen – Umwelt schützen“ e.V. verwies auf potentielle Gefahren bei der Verpressung von sogenannten Lagerstättenwassern, die bei der Förderung von Erdgas und Erdöl anfallen. Auf Grund der geplante Erdgasförderung bei Beeskow werde dieses Thema nun auch in der Region aktuell. Das Lagerstättenwasser ist ein Gemisch aus Wasser, Salzen, Kohlenwasserstoffen sowie weiteren Stoffen, welche neben dem Erdgas natürlich vorkommen. In Niedersachsen würde, wie auch künftig in der Region um Beeskow, Erdgas aus dem Rotliegend Sandstein  gefördert. Das dort anfallende Lagerstättenwasser enthalte krebsauslösendes Benzol und Toluol (BTEX), giftiges Quecksilber und Blei. Diese Stoffe seien nachweislich natürlichen Ursprungs und treten dort, unabhängig von der jeweiligen Fördermethode, zwangsläufig auf.  „Wir Bürger wollen wissen, wo und unter welchen Bedingungen Bayerngas sein Lagerstättenwasser verklappt“, sagte Lein. Die Initiative habe daher Anfang November einen umfangreichen und thematisch breit gefächerten Fragenkatalog an Bayerngas übersandt. Die Bürgerinitiative erwarte nun eine schriftliche Antwort des Konzernes aus München, der im Raum Beeskow Erdgas fördern will.  Leider gebe es keinen echten Dialog mit dem Unternehmen, bemängelte Ute Lein. „Aus München wird verkündet, dass es keine Probleme gebe, aber auf einen sachlich-kritischen Diskurs habe sich der Konzern bislang nicht eingelassen“, bedauert Ute Lein.

Die Bündnisgrünen und die Bürgerinitiative kündigten an, die geplante Erdgasförderung und deren Auswirkungen auf die Umwelt weiterhin kritisch zu begleiten.

Hintergrund Ausstellung
15 Plakate beschreiben mit eindrucksvollen Fotos die Bedrohung des Wassers vom Tagebaugebiet über die verockerte Spree, die Sulfatbelastung in Oder-Spree, die Erdgasbohranlagen in Beeskow, die Auswirkungen des Hochwassers in Grünheide bis hin zu Brücken in Berlin, denen der Betonfraß droht. Alle Plakate sind mit einem QR-Code versehen. Dahinter verbergen sich kurze Videosequenzen mit Statements von lokalen Akteuren und weiteren Hintergrundinformationen.  Zudem werden Exponate wie verockertes Wasser, Holz und Steine ausgestellt. Zu besichtigen ist die Galerie in der Stadtbibliothek Beeskow (Mauerstraße 28, 15848 Beeskow) vom 14. November 2014 bis 16. Januar 2015, Montag-Freitag: 12:00 - 18:00 Uhr, Samstag: 10:00 - 12:00 Uhr. Eintritt frei. Die Ausstellung ist auch  im Internet unter www.braune-spree-watch.de zu sehen. Zuvor lief die Ausstellung erfolgreich seit August 2014 in Gosen-Neu Zittau.