3. Oktober 2014

Weder Ossi noch Wessi: Die Generation nach der Wiedervereinigung


"Grenzen entstehen nur im Kopf. Ich sehe mich zuerst als Europäerin und kann weder mit Ost- noch mit Westklischees aufwarten." - Anja Grabs
(Foto: Blick vom Teufelsberg auf den Fernseh- und Funkturm von Berlin)

Bei der Frage, ob ich aus dem Osten oder Westen komme, rolle ich immer mit den Augen, weil ich weder Ossi noch Wessi bin. 1989, also im Alter von acht Jahren, verfügte ich über kein politisches Denken und bin somit raus aus der Generation Ost/West.

Wenn man 1990 noch Kind war sollte man sich schnellstens von seinen Eltern emanzipieren und einen Ost- oder Westpatriotismus ablegen. Die eigenen Eltern zu kopieren und ihre Sätze nachzuplappern bedeutet, dass mit der Vergangenheit nicht abgeschlossen werden kann und man in der Zeit stehen bleibt.

Ostpatriotismus:
„Früher war auch nicht alles schlecht.“
Der Boykott von allen Sektsorten außer „Rotkäppchensekt“

Westpatriotismus:
„In Osten fahr ich nicht!“*
„Ich komme ursprünglich aus dem Westen!“
Bananenwitze

*wird seltsamerweise immer ohne das Wort „den“ ausgesprochen

Wussten Sie,
dass in ausländischen Touristenführern für Berlin empfohlen wird, Berliner nicht nach ihrer Ost/Westherkunft zu fragen? Berlin ist bereits so weit zusammengewachsen, dass es die jüngere Generation als unangenehm empfindet danach befragt zu werden, weil es für ihr Leben im HIER und JETZT vollkommen irrelevant ist.

1 Kommentar:

  1. Natürlich hast Du recht, aber es gibt eine Entwicklung, die viel gefährlicher ist, als diese nostalgische Folklore und diese kindische Form der Abgrenzung. Damit ist diese besondere Form des Neides gemeint, den all jene ergreift, die unter dem Gefühl der Zu-Kurz-Gekommenheit leiden. Schlägt man die Leserbriefe einer x-beliebigen Westdeutschen (Allgemeinen) Zeitung auf, dann ist dort - egal, ob eine lokale Straße verfällt, ein 70er Jahre Schwimmbad geschlossen wird oder ob das Dach der Schule undicht ist -ein Tenor a la "Hauptsache in Dresden ist das Pflaster vergoldet!" zu lesen. Viel gefährlicher als der Stolz des Patriotismus ist die Niedertracht des Neides. Und diese Niedertracht wächst und gedeiht.

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